9) Meine Haare

Veröffentlicht am 23. November 2025 um 14:00

Am 29.9.2025 habe ich für mich beschlossen, mir den Anblick meines eigenen Haarausfalls nicht länger anzusehen. Wieso an etwas festhalten, das mir ohnehin ausgehen wird? Der Gedanke, meine Haare selbst abzuschneiden, fühlte sich für mich leichter an, als darauf zu warten, dass die Chemo mir kahle Stellen auf dem Kopf hinterlässt.

Am Morgen musste ich ins Krankenhaus, wie jeden Montag, um meine Blutwerte kontrollieren und den PICC-Verband wechseln zu lassen. Als die Blutkontrolle erledigt war, konnte ich wieder nach Hause fahren.

Am Abend kamen dann drei meiner besten Freunde – Lara, Anja und Daniel – vorbei. Wir kommen alle aus dem gleichen Ort und kennen uns seit dem Kindergarten. Ich war so froh, dass sie da waren. Es war dieses stille, warme Gefühl von: Du bist nicht allein.

Mit dem Elektrorasierer bewaffnet hatten wir zwar einen Plan, aber wirklich durchdacht war der nicht. Hauptsache, die Haare sind am Ende weg, dachten wir uns.

Anja flocht meine Haare zu einem Zopf, und meine Mutter schnitt ihn dann ab. Ich war mir sicher, dass ich in diesem Moment weinen würde, aber irgendwie fand ich es total lustig. Der Grund lag auf der Hand – mit kurzen Haaren sah ich einfach unfassbar dämlich aus. Vielleicht lag es auch an dem Bob, der daraus entstand, der weder gerade noch ansatzweise professionell war.

Wir wollten dann noch ausprobieren, wie mir Stirnfransen stehen würden, und das Ergebnis brachte uns endgültig zum Lachen. Wer von euch Kokosnusskopf aus Neds ultimativer Schulwahnsinn kennt, weiß ziemlich genau, wie ich aussah.

Nachdem der Rasierer seinen Auftritt hatte, saß ich schließlich mit einem Buzzcut in unserem Esszimmer. Und entgegen all meiner Erwartungen sah es nicht nur gut aus – ich fühlte mich sogar richtig wohl damit.

Es war ein Abend voller Lachen, Chaos und Verbundenheit, den ich niemals vergessen werde. Wenn ich mir die Fotos und Videos ansehe, muss ich jedes Mal wieder lachen.

In den nächsten Tagen ging ich wieder in die Schule, und auch dort hatte ich keine Sekunde das Gefühl, mich verstecken zu müssen. Ich war einfach ich – nur mit weniger Haaren, aber mit überraschend viel Leichtigkeit.

Ich genoss das darauffolgende Wochenende so gut es ging, denn am Montag stand schon wieder meine nächste Chemo an. Die Zeit vergeht dann doch irgendwie schneller, als man denkt.

Ich bin einfach so dankbar und froh, dass ich meine Ausbildung fortsetzen kann, denn dadurch vergeht die Zeit nicht nur schneller – ich bin beschäftigt, abgelenkt und fühle mich ein Stück weit normal. Zuhause zu sitzen und nur auf die nächste Chemo zu warten… ich glaube, das hätte mich verrückt gemacht.

Und damit war der nächste Abschnitt meiner Chemo schon greifbar nah – mehr dazu im nächsten Teil.

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Kommentare

Jasi
Vor 12 Tage

Unfassbar großes Vorbild und Inspiration! By the way de Frisur rockst du total!!!! Ganz viele Bussis und Liebe🫶🏻